Der „nachhaltige“ Manager ist gefordert. Was aber das exzessiv verwendete Adjektiv genau meint, bleibt schwammig. Gute Unternehmungsführung ist idealtypisch immer auf Langfristigkeit ausgelegt. Und sie berücksichtigt auch weiche Faktoren, besonders dann, wenn diese erfolgskritisch sind.
Vergessen geht aber immer wieder, dass dies auch kommuniziert werden muss.
Die Bio-Zertifizierung macht auch vor dem Management nicht Halt. Nachhaltig hat es zu sein, in dem, was es tut oder eben besser lässt. Klingt aufregend, wirkt frisch, trendy und entpuppt sich nach zweimal nachdenken ziemlich banal. Waren Manager früher nicht „nachhaltig“? Nur gierig, kalt auf den Eigennutz bedacht – das Firmenschicksal oder gar das des Gemeinwohls waren ihnen egal? Und sind umgekehrt die modernen Unternehmensführer nur noch altruistisch motiviert, opfern Zeit, Familie und Gesundheit für Firma und Produkt und Gesellschaft und Moral, weil sie die besseren, weil edel agierenden Menschen sind?
Eine zeitgeistige Wertung
Natürlich ist das Unsinn. Denn wäre es keiner, dann dürften zig erfolgreiche Firmen heute gar nicht mehr bestehen, wären nicht millionenfach Angestellte trotz allen Problemen und Hakeleien des Firmenalltags ihrer Arbeit mit Freude und Ambition nachgegangen, wären nicht aufregende Produkte entwickelt worden, hätten nicht ganz viele Aktionäre und Investoren schöne Dividenden einstreichen können, wären Staatskassen nicht durch Steuereinnahmen beglückt worden. Und käme es umgekehrt nicht immer wieder zu derart grotesken Einschätzungsfehlern wie eben bei VW in den USA.
Was zum Schluss führt, dass die Beifügung von Adjektiven in erster Linie eine Wertung ist und mehr über jene aussagt, die sie gebrauchen, und über die Zeit, in der sie Verwendung finden.
Ein Manager, der selbstredend auch immer eine sie sein kann, agiert immer auch in Umständen, die er nicht direkt beeinflussen kann. Das war immer schon so und wird es immer sein. Derzeit sind es reale oder auch nur vermutete Erwartungen der Gesellschaft an Ethik und Moral, zum Beispiel, wobei diese nicht selten medial inszeniert, vom Einzelnen aber relativ distanziert wahrgenommen werden. Ein gestiegenes Umweltbewusstsein, weil der Klimawandel inzwischen wissenschaftlich ausreichend dokumentiert und die Wirtschaft in die Pflicht genommen wird, sich umwelttechnisch vorbildlich zu verhalten. Eine regulatorische Verdichtung, weil zu viele persönliche Exzesse und eklatante unternehmerische Fehleinschätzungen in Kombination mit veränderten politischen und moralischen Standards die gesellschaftliche Akzeptanz von Fehltritten und von Risiken in der Wirtschaft drastisch gesenkt hat. Ein völlig verändertes Informationsbedürfnis, sei es von Mitarbeitenden oder von Kunden, Aktionären, Investoren, der Öffentlichkeit, von staatlichen Stellen.
Informationstechnologie ermächtigt die Kunden
Letzteres ist denn auch einer der Schlüssel für das Verständnis, warum modernes Management „nachhaltig“ sein muss. Es reicht eben nicht mehr, Richtiges zu tun. Es muss auch „gut“ sein, will heissen im Rahmen der wettbewerblichen Bedingungen auch akzeptabel. Was exemplarisch im Fall der Motorensoftware bei VW nicht der Fall war.
Und was gut ist oder als „richtig“ angesehen wird, muss erklärt werden. Entsprechend ist die Darstellung und Begründung unternehmerischer Entscheidungen gegenüber diversen Anspruchsgruppen ein elementarer Bestandteil kluger Unternehmensführung geworden. Eine intelligente strategische und operative Kommunikation ist für jede Firma und für jede Führungspersönlichkeit erfolgskritisch.
Denn die Digitalisierung der Informationstechnologie macht die Arbeit von operativem und strategischem Management öffentlicher denn je, was im Guten wie im Schlechten Entscheidungen des in Verantwortung stehenden Führungspersonals nicht nur transparent macht, sondern eben auch zu einer theoretisch unendlich vielfältigen Beurteilung von Kundigen und weniger Kundigen einlädt. Erstaunlich eigentlich, wie dilettantisch vor diesem Hintergrund vielerorts noch immer mit dem Aspekt des Kommunikativen in strategischen und operativen Gremien umgegangen wird.
An der Ausschmückung „nachhaltig“ ist also vor allem das Faktum neu, dass unternehmerischer Ehrgeiz zeitgemäss auf weiche Faktoren wie den Menschen, den Umgang mit natürlichen Ressourcen, das Gemeinwesen Rücksicht nehmen sollte – und dass die Verantwortlichen in der Lage sein müssen, die kommunikative Dimension all dieser Faktoren nicht nur richtig einzuschätzen, sondern auch operativ zu beherrschen.
Dass dies nicht erst im Krisenfall beginnen sollte und auch nicht erst dann, wenn es um die konkrete Umsetzung geht, liegt eigentlich auf der Hand. Dass diese Verhaltensweise immer wieder missachtet wird, ist umso erstaunlicher.