Podiumsdiskussionen geben einem Anlass Würze, sind scheinbar wenig aufwändig und kosten nicht die Welt – und sie atmen etwas den Glamour der Vorbilder im TV-Spätabendprogramm. Und genau darum sind sie so oft so schlecht. Meistens sind die Panels viel zu gross, die Teilnehmer schlecht vorbereitet und die Moderatoren überfordert. Das langweilt die Zuhörer, frustriert die Gesprächsrunde und schadet der Reputation des Veranstalters. Man kann es besser machen.
Man kann einiges falsch anleiern bei einer moderierten Paneldiskussion, thematisch, organisatorisch, inhaltlich und handwerklich. Es beginnt meist schon bei der Frage nach dem Warum? Was soll ein Podium zum Anlass beitragen, welches Thema greift es auf, welche Inhalte sollen vermittelt werden? Passt das Format überhaupt zum sonst Gebotenen, ist es am richtigen Platz im zeitlichen Ablauf, welche Botschaft will man damit aussenden, welche Erwartung hat der Veranstalter und fast noch wichtiger, welche das Publikum?
Hauptgang oder nur Digestif?
Solches rechtzeitig zu klären ist genau so wie essentiell wie die Entscheidung darüber, ob ein Podium primär zur Unterhaltung der Zuhörer dienen soll oder zu deren Information, und ob es im Zentrum eines Anlasses steht oder eher als „Digestif“ nach einem schweren Hauptgang. Und sinnvollerweise stecken die Veranstalter auch frühzeitig ab, was sie selbst mit Blick auf Markenreputation und unternehmerische Botschaft durch das Podium verankert wissen wollen (ob sie es dann auch erhalten, ist freilich nicht bis ins Letzte kontrollierbar).
Wer solches nicht Ernst nimmt, verwirkt schon zu Beginn die Chance auf ein befriedigendes Ende. Denn selbst wenn es gelingt, hochkarätige Panelisten zu gewinnen und eine fähige Moderation: Wenn Form und Inhalt nicht zusammenpassen, merkt das der Zuhörer sofort. Solche Diskussions- und Gesprächsrunden sind im besseren Fall uninspirierend, im schlechteren peinlich.
Weniger ist mehr
Die Zahl und die Auswahl der Gäste ist kardinal. Neben dem Moderator mehr als vier ist einer zu viel – diese Pi-mal-Handgelenk-Regel erweist sich fast immer als richtig, übrigens auch im Fernsehen, wobei man sich dort gerne des Tricks bedient, einen Exoten in die Runde einzubinden, um so dramaturgisch die gängige Überfrachtung zu kaschieren. Für das Publikum allemal besser sind Gesprächsrunden mit nur drei bis vier Teilnehmern, die von einer Person geführt werden. Am Weltwirtschaftsforum in Davos wird exemplarisch das Gegenteil gelebt: Der Überfluss an „grossen“ Namen führt zu überbordenden Panels – was in scharfem Kontrast steht zum intimen tête-à-tête von Klaus Schwab auf der grossen Bühne. Noch hoffnungsloser aus der Zuschauerperspektive sind Monsterrunden von 8 und mehr Gästen, die dann auch noch von zwei Moderatoren befragt werden. Respekt vor dem, der da noch den Überblick behält. Ein Gespräch zwischen und unter den Panelisten ist schwierig, und meist kommt es so, wie man es nicht will: Die Gruppe teilt sich in jene, die reden, jene die nicken und jene die schweigen.
Ganz gefährlich und selten ein Gewinn sind auch sogenannte „Kurzreferate“ oder Eintrittsstatements der Panelisten. Gefährlich, weil „kurz“ eine zeitliche Spanne umfasst, die sehr interpretationswürdig ist. Und selten ein Gewinn deshalb, weil sie den Teilnehmern jede Spontanität nimmt und sie aus ihrer angedachten Rolle des möglichst unverstellten Gesprächspartners herausreisst in jene des Vortragenden. So werden gestanzte Botschaften abgelesen oder improvisierte Belanglosigkeiten geäussert. Wenn also Referat als Beimischung, dann vorher und als Anstoss zum Panel.
Moderator mit Niveau, Charme und Respekt
Eine gute Moderation schliesslich ist keine Befragung, sondern ein Gespräch mit Niveau, Charme und Respekt vor Gast und Publikum. Dazu braucht es eine sehr seriöse Vorbereitung, ein hohes Mass an Empathie, Auftrittskompetenz, Charisma und viel Erfahrung im Umgang mit Live-Situationen. Entsprechend ist es ratsam, für eine Gesprächsleitung mit Anspruch nicht einfach nach einem klingenden Namen zu suchen, sondern vor allem nach jemandem, der das handwerkliche Rüstzeug und die entsprechende Erfahrung hat.
Denn ein guter Moderator führt das Gespräch immer auf Augenhöhe mit seinen Gästen. Entsprechend darf ein Veranstalter erwarten, dass der oder die Person fachlich sehr gut in das Dossier eingearbeitet ist, die Biographien der Teilnehmenden kennt, eine Vorstellung von ihrer Argumentationsweise hat und die Erwartungshaltung des Publikums richtig einzuschätzen vermag.
Zu leiten ist das Gespräch mit solidem Nachdruck, wo angebracht kritisch nachhakend, aber stets charmant und unterhaltsam, fokussiert und auf das Argument jedes Teilnehmers eingehend. Dabei achtet der Moderator auch auf Mimik und Gestik jedes Einzelnen – weil Körpersprache ein Teil der Kommunikation ist. Klug agiert eine Moderation, wenn sie auf eine faire, für den Gesprächsfluss förderliche Einbindung aller Teilnehmer achtet und vor allem sich selbst so weit zurücknimmt, dass die Aufmerksamkeit des Publikums in erster Linie beim Gast bzw. den Gästen liegt – und zwar ganz egal, wie „bekannt“ der Moderator ist. Nicht er oder sie ist der Mittelpunkt, die Gäste bzw. deren Äusserungen sollten es sein. Entsprechend sollte ein Moderator so platziert sein, dass er mit allen Teilnehmenden immer direkten Augenkontakt halten kann – was in aller Regel an der Seite des Panels gewährleistet ist, nicht in dessen Zentrum.
Eine solche Moderation verlangt eine seriöse Vorbereitung vor und eine hohe Konzentration während des Anlasses. Wer sie Ernst nimmt, führt vorher mit Veranstalter und Gesprächsteilnehmer ein Vorgespräch, auch um zu klären, welches Publikum in welcher Konstellation anwesend ist – und ob dieses in die Gesprächsrunde einzubinden ist. Ich rate davon ab, weil die Gefahr der Gegenreferate sehr hoch ist und ausufernde Wortmeldungen zu unterbinden zwar die Pflicht des Moderators ist, aber dennoch unhöflich wirkt.